Lerntrends

Was für die Zukunft gelernt werden muss – heute

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Zukunft gelernt

Prädikatives Lernen ist eine maschinenbasierte Art des Lernens, bei der die Umweltveränderungen abgeschätzt und in das Learning-Programm übernommen werden. Die Mitarbeiter können dann den Umgang mit den verschiedenen Umgebungen erlernen. Das prädikative Lernen ist das Gegenteil des repräsentativen Lernens, bei dem die Dinge so gezeigt werden, wie sie wirklich sind. Hinter dem prädikativen Lernen stets die sehr logische Annahme, dass die Lernenden zwar heute neue Fähigkeiten erwerben, diese jedoch erst morgen einsetzen, wenn sich die Aktionsumgebung bereits mindestens zu einem bestimmten Grad verändert haben wird. Damit greift das prädikative Lernen den an anderer Stelle in diesem Blog bereits behandelten Flexibilitätsgedanken auf. In einem gut konzipierten prädikativen Learning-Programm ist berücksichtigt, dass die Mitarbeiter auch bei dem besten Design mit Situationen konfrontiert sein werden, die nicht im Learning-Programm antizipiert wurden.

Das prädikative Lernen kann gut mit einem allgemeinen Learning-Programm kombiniert werden, in das verschiedene für das persönliche Lernen geeignete Trainingsmethoden einfließen.

Auch lassen sich beim prädikativen Lernen die Vorteile der elektronischen Geräte ausnutzen: Digitale Online-Learning- Programme können häufig angepasst werden. Die Ausgangsbedingungen können beim Programmstart und während des Lernprogramms gemäß den Reaktionen der Lernenden verändert werden. Wird Aktion A gewählt, hat dies Bedingung B zur Folge. Wird Aktion C gewählt, hat dies Bedingung D zur Folge. Es können auch unangekündigte Veränderungen eingebaut werden, damit sich die Lernenden an unvorhersehbare Ereignisse gewöhnen. Auf diese Weise wird die Flexibilität gefördert – also eine bestimmte Fähigkeit zu denken, die genauso wichtig ist wie die fachlichen Qualifikationen.

Das Konzept des prädikativen Lernens wurde bereits lange vor dem mobilen Lernen entwickelt. In der militärischen Ausbildung versuchte man wahrscheinlich bereits vor den Römern, den Feind vorherzusagen und mit seinen Aktionen umzugehen. Heute gibt es beim Militär das sogenannte „Rote Team“, das in Kriegssimulationen den Gegner spielt. Dieses Rote Team ist nicht dazu verpflichtet, Strategie- und Verfahrensänderungen zu vermeiden.

Die Lernenden müssen sich verschiedene Reaktionen auf die Veränderungen ausdenken, mit denen sie in den Programmen konfrontiert werden. Bei solchen Trainings können auch unerwartete Veränderungen eingebaut werden. Die Trainer können sich dabei wirklich etwas einfallen lassen und das Training zum Beispiel mit „Black-Swan- Ereignissen“, also überraschenden externen Vorfällen, quasi unvorhersehbar machen.

Das prädikative Training kann sich aber auch mit vorhersehbaren Änderungen und der Prognose der damit einhergehenden Anpassungsprozesse befassen.

Nehmen wir als Beispiel die Ablösung der Schreibmaschine durch unsere heutigen Computer. Mit beiden Geräten wird in etwa dasselbe Ergebnis erzielt, nämlich Wörter auf Papier als Übertragungsmedium. Das Tippen selbst ist auf beiden Geräten derselbe Prozess. Aber die meisten Benutzer werden sich die zahlreichen Unterschiede der beiden Systeme zu eigen machen. Auf dem PC können wir die Rechtschreibprüfung nutzen, was für viele Autoren ein Segen ist. Ferner ist es möglich, dass Geschriebene noch einmal zu verändern und bestimmte Aspekte einzufügen. Mit der Schreibmaschine muss in solchen Fällen alles neu getippt werden. Auf dem Computer ist wesentlich weniger Tipparbeit vonnöten. Darüber hinaus liefert der Computer vollständigere statistische Analysen in einer höheren Geschwindigkeit, als dies ein Schreibmaschinenbenutzer schaffen könnte. Auf Basis der umfangreicheren Daten kann der PC-Benutzer also schneller entscheiden und handeln.

Um ein derzeit relevantes Beispiel zu geben: Wie kann ein Lernprogramm konzipiert werden, das den Teilnehmern den Umgang mit verschiedenen Ölpreisen vermittelt? Nun, das erste Element könnte die Vorgabe einer kürzeren Entscheidungszeit sein. Die Zeit kann vom System als absoluter Wert gesetzt werden. Es können aber auch verschiedene Zeiten für in der Gegenwart oder in der Zukunft zu treffende Entscheidungen vorgegeben werden. Ein guter Ansatz ist es, die Teilnehmer vor dem Beginn darum zu bitten, die Entscheidungszeit selbst festzulegen. Im echten Leben mag die Entscheidungszeit zwar begrenzt sein außer, wenn in einem Film eine Zeitbombe entschärft werden muss, dürfte auch bei dringenden Entscheidungen die exakte Entscheidungszeit nicht bekannt sein. In realistischen Trainingsprogrammen werden die Lernenden daher zwar nach der Entscheidungszeit gefragt, ihre Vorhersagegenauigkeit wird jedoch nicht beurteilt. Die Entscheidungsträger haben häufig weniger Zeit, als sie denken.

Die Zeitvorgaben sind also die ersten Festlegungen, die im Programm getroffen werden müssen. Sagen Sie den Teilnehmern, dass sie die Entscheidungszeit festlegen müssen. Wie wirken sich verschiedene Zeitbeschränkungen aus? Führen kürzere Zeiten zum schnelleren Prozessbeginn, oder werden die Entscheidungen dadurch unbedachter? Die Vorgabe der Entscheidungszeit ist in so gut wie allen Entscheidungssituationen die erste zu treffende Entscheidung. Und wie alle Entscheidungen ist sie mit Konsequenzen verbunden. Diese Konsequenzen können in den späteren Phasen des Programms beeinflussen.

Genau wie im echten Leben gibt es in den Trainingsprogrammen an verschiedenen Stellen Entscheidungspunkte. Die Ausbilder können in bestimmten Situationen die beste Reaktion empfehlen, müssen den Lernenden aber auch vermitteln, dass es häufig nicht nur eine einzige richtige Antwort gibt. Jede Aktion zieht verschiedene Folgen nach sich; und häufig kann eine Antwort nicht eindeutig als richtig oder falsch bewertet werden. Alle Maßnahmen haben Konsequenzen, die von ihrer Art und ihrem Umsetzungszeitpunkt abhängig sind. Beim prädikativen Lernen passt sich das Programm an die Reaktionen des Benutzers an. Gelegentlich können solche Programme auch Situationen vorgeben, in denen die scheinbar korrekte Entscheidung ungewünschte Ergebnisse nach sich zieht. Gute Programme können die Teilnehmer zur Reflexion darüber anregen, was gerade vor sich geht. Weshalb kam es zu dieser Konsequenz? Hätte sie verhindert werden können? Wie können wir nun weitermachen?

Und noch etwas ist zu erwähnen: Ein gut konzipiertes prädikatives Learning-Programm kann die Teilnehmer zwar darin schulen, mit verschiedenen und sich verändernden Situationen umzugehen – wie im echten Leben; jedoch müssen die Teilnehmer selbst entscheiden, wann bestimmte Fähigkeiten und Maßnahmen ereignet erscheinen. Nicht alle Aktionen sind immer wirksam. Und nicht alle Trainings sind für alle Situationen geeignet. Vielleicht ist die wichtigste Eigenschaft bei der Entwicklung eines Trainingsprogramms die Flexibilität.